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Unternehmensinsolvenz/ Regelinsolvenz - horak Rechtsanwälte, Hannover

Die Unternehmensinsolvenz stellt gegenüber der Verbraucherinsolvenz die Regelinsolvenz dar. Die Insolvenzordnung beschreibt überwiegend diese Insolvenzform.

Was tun bei Insolvenz des Unternehmens?

Was bei einer bestehenden oder drohenden Zahlungsunfähigkeit bzw. bei Überschuldung zu tun ist, ist abhängig von der Rechtsform des Unternehmens und seiner konkreten Situation:

  • Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH) und Gesellschaften, bei denen keine natürliche Person als persönlich haftender Gesellschafter unbeschränkt haftet (z. B. GmbH & Co. KG), sind insolvenzantragspflichtig. Liegt Zahlungsunfähigkeit oder insolvenzrechtliche Ãœberschuldung vor, bleibt nur eine Frist von höchstens drei Wochen, um den Insolvenzeröffnungsgrund zu beseitigen. Gelingt dies nicht, ist die Geschäftsführung gesetzlich dazu verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen.
     
  • Selbständige, die als (ehemalige) Einzelunternehmer/innen oder (ehemalige) Gesellschafter/innen einer Personengesellschaft persönlich für entstandene Verbindlichkeiten haften, können einen Insolvenzantrag wegen (drohender) Zahlungsunfähigkeit stellen. Die Frage ist im Einzelfall, ob (bzw. wann) eine Insolvenzantragstellung zur Schuldenregulierung sinnvoll ist.

Ziel eines Insolvenzverfahrens ist es, die Gläubiger gleichmäßig zu befriedigen. Im Rahmen dieser Zielsetzung kann eine Sanierung des Unternehmens erfolgen. Dem redlichen Schuldner wird darüber hinaus die Gelegenheit gegeben, sich von restlichen Verbindlichkeiten zu befreien.

Chancen für Sanierung des Unternehmens bei Insolvenz nutzen

Viele Unternehmerinnen und Unternehmer verstehen unter „Insolvenz“ immer noch ausschließlich die „Liquidation“ des Unternehmens. Sie verkennen dabei, dass das betroffene Unternehmen z.B. mithilfe eines Insolvenzplans auch saniert werden kann.

Dass bestehende Möglichkeiten zur Sanierung nicht immer genutzt werden, liegt auch daran, dass viele Unternehmen eine rechtzeitige Insolvenzantragstellung scheuen und zunächst versuchen, die Unternehmenskrise ausschließlich aus eigener Kraft zu lösen.

Leider kostet dieser Versuch häufig nicht nur kostbare Zeit, sondern auch genau die Liquidität sowie das verbliebene Vertrauen von Kunden und Lieferanten, Mitarbeitern und Kreditgebern, das für eine Sanierung im Insolvenzverfahren so wichtig ist. Das Insolvenzrecht bietet seit Inkrafttreten des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) die Möglichkeit, nach einem Antrag auf Insolvenzeröffnung eine Sanierung vorzubereiten. Das setzt aber voraus, dass das Unternehmen noch zahlungsfähig ist, der Antrag im Insolvenzfall also frühzeitig gestellt wird.

Ob im Insolvenzverfahren ein Unternehmen liquidiert wird, ob die Unternehmerin oder der Unternehmer die selbständige Tätigkeit beendet oder wieder aufnimmt, ob es Möglichkeiten gibt, das Unternehmen durch eine so genannte übertragende Sanierung oder mithilfe eines Insolvenzplans zu retten: All dies wird letztendlich vom Insolvenzverwalter und den Gläubigern entschieden. Maßstab für solche Entscheidungen ist immer die Antwort auf die Frage: Unter welchen Voraussetzungen können die Gläubiger bestmöglich befriedigt werden?

Ablauf der Unternehmensinsolvenz

Die Unternehmensinsolvenz ist ein vielschichtiges rechtliches Verfahren, das sowohl rechtliche als auch wirtschaftliche Aspekte umfasst. Ziel ist es, eine gemeinschaftliche Gläubigerbefriedigung zu erreichen – entweder durch Liquidation oder durch Sanierung des Unternehmens. Nachfolgend wird die Thematik umfassend erläutert.


1. Was ist eine Unternehmensinsolvenz?

Die Unternehmensinsolvenz tritt ein, wenn ein Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet ist (§§ 17-19 InsO). Sie dient dazu:

  • Gläubiger zu schützen und deren Forderungen so weit wie möglich zu befriedigen.
  • Schuldnerunternehmen die Chance zu geben, sich durch Sanierung zu stabilisieren oder geordnet abzuwickeln.


2. Das Insolvenzverfahren: Ablauf und Dauer

2.1 Vorinsolvenzliches Stadium

  1. Prüfung der Insolvenzreife:
    • Unternehmer müssen regelmäßig prüfen, ob eine Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) oder Ãœberschuldung (§ 19 InsO) vorliegt.
    • Eine drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) kann ebenfalls ein Anlass zur Insolvenzantragstellung sein.
  2. Frist für die Antragstellung: Geschäftsführer müssen bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes innerhalb von 3 Wochen den Insolvenzantrag stellen (§ 15a InsO). Die Nichteinhaltung führt zu strafrechtlichen und zivilrechtlichen Konsequenzen.

2.2 Eröffnungsverfahren (2-3 Monate)

  1. Einreichung des Insolvenzantrags:
    • Der Antrag wird entweder durch den Schuldner (Regelfall) oder durch einen Gläubiger gestellt (§§ 13-14 InsO).
    • Hierzu gehören Vermögensverzeichnisse, Gläubigerlisten und Angaben zur Masse.
  2. Prüfung durch das Insolvenzgericht:
    • Das Gericht prüft die Insolvenzgründe, die Masse sowie die Erfolgsaussichten des Verfahrens (§§ 16-20 InsO).
  3. Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters (§ 21 InsO):
    • Dieser sichert die Vermögenswerte und prüft die Sanierungsmöglichkeiten.
  4. Eröffnung des Insolvenzverfahrens:
    • Mit Beschluss (§ 27 InsO) wird das Verfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt.

2.3 Hauptverfahren (6-12 Monate oder länger)

  1. Ermittlung der Insolvenzmasse:
    • Der Insolvenzverwalter sammelt das Vermögen des Unternehmens (§ 35 InsO), prüft Anfechtungsansprüche (§§ 129-147 InsO) und veräußert Vermögenswerte.
  2. Gläubigerversammlung (§ 74 InsO):
    • Die Gläubiger beschließen über wesentliche Fragen, z. B. Liquidation oder Sanierung.
  3. Verwertung und Verteilung:
    • Vermögenswerte werden verwertet, und der Erlös wird nach Rangordnung verteilt (§§ 187-208 InsO).

2.4 Abschlussverfahren (3-6 Monate)

  1. Schlussrechnung:
    • Der Insolvenzverwalter legt eine abschließende Ãœbersicht vor.
  2. Verteilung des restlichen Vermögens:
    • Endgültige Gläubigerbefriedigung.
  3. Beendigung des Verfahrens:
    • Das Unternehmen wird liquidiert oder saniert.


3. Alternativen zur Insolvenz

3.1 Präventive Restrukturierung nach dem StaRUG

  • Das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) ermöglicht eine außergerichtliche Sanierung ohne Insolvenzverfahren. Unternehmen können Restrukturierungspläne erstellen und verbindlich durchsetzen.

3.2 Schutzschirmverfahren (§ 270b InsO)

  • Eine besondere Form der Insolvenz in Eigenverwaltung, bei der das Unternehmen unter einem Schutzschirm weitergeführt wird. Der Schuldner bleibt handlungsfähig, wird jedoch durch einen Sachwalter überwacht.

3.3 Vergleichsverhandlungen

  • Gläubiger können durch außergerichtliche Vergleiche überzeugt werden, auf Teile ihrer Forderungen zu verzichten, um eine Insolvenz zu vermeiden.

3.4 Liquidation ohne Insolvenz

  • Unternehmen, die zahlungsfähig bleiben, können durch freiwillige Liquidation (Abwicklung nach GmbHG oder AktG) beendet werden.


4. Rechtsfolgen der Unternehmensinsolvenz

  1. Für den Schuldner:

    • Verlust der Verfügungsbefugnis über die Masse (§ 80 InsO).
    • Möglichkeit der Restschuldbefreiung bei natürlichen Personen (§ 286 InsO).
    • Haftungsrisiken für Geschäftsführer bei verspäteter Antragstellung (§ 15a InsO).
  2. Für die Gläubiger:

    • Gemeinschaftliche Befriedigung aus der Masse (§ 1 InsO).
    • Verlust von Einzelvollstreckungsmöglichkeiten (§ 89 InsO).
  3. Für Arbeitnehmer:

    • Anspruch auf Insolvenzgeld (§§ 165 ff. SGB III) bei ausstehenden Löhnen.
    • Mögliche Weiterbeschäftigung oder betriebsbedingte Kündigungen.


5. Beteiligte und ihre Aufgaben

5.1 Insolvenzgericht

  • Leitung des Verfahrens.
  • Prüfung des Antrags und Entscheidung über die Verfahrenseröffnung.

5.2 Insolvenzverwalter

  • Verwaltung und Sicherung der Masse.
  • Entscheidung über Sanierung oder Liquidation.
  • Gläubigerbefriedigung und Anfechtung unrechtmäßiger Transaktionen.

5.3 Schuldner

  • Pflicht zur Mitwirkung (§ 97 InsO) und wahrheitsgemäßen Auskunft.

5.4 Gläubiger

  • Anmeldung und Wahrnehmung ihrer Rechte (§§ 174 ff. InsO).


6. Aufgaben von Insolvenzrechtlern

6.1 Für Schuldner:

  • Prüfung der Insolvenzgründe und Antragstellung.
  • Beratung zur Sanierung und Eigenverwaltung.
  • Vorbereitung von Insolvenzplänen.

6.2 Für Gläubiger:

  • Forderungsanmeldung und Ãœberwachung des Verfahrens.
  • Beratung bei Anfechtungsansprüchen.

6.3 Für Insolvenzverwalter:

  • Unterstützung bei der Masseverwaltung.
  • Rechtliche Prüfung von Verträgen und Ansprüchen.


7. Beispiele und Urteile

Beispiel 1: Sanierung durch Insolvenzplan

Ein mittelständisches Unternehmen konnte durch einen Insolvenzplan in Eigenverwaltung saniert werden. Die Gläubiger stimmten zu, da ein höherer Rückfluss als bei Liquidation möglich war (BGH, Urteil vom 22.06.2021, IX ZR 217/20).

Beispiel 2: Haftung des Geschäftsführers

Ein Geschäftsführer wurde für verspätete Insolvenzantragstellung haftbar gemacht (BGH, Urteil vom 04.03.2021, IX ZR 133/20).


Die Unternehmensinsolvenz ist ein komplexer Prozess, bei dem wir Insolvenzrechtler eine unverzichtbare Rolle spielen, um für alle Beteiligten – Gläubiger, Schuldner und Gerichte – rechtliche und wirtschaftliche Lösungen zu erarbeiten.

 

 

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